Hochverehrte Eminenzen, Exzellenzen, Hochwürdiger Herr Kardinal Marx, hochwürdiger Herr Bischof Kopp, werte Exzellenzen Bischof Ambrosios, Sofian und Ignatije, geehrte Vertreter der Generalkonsulate Republik Serbien und Bosnien und Herzegowina, hochwürdige Väter, verehrte Professoren, Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Kirchengemeinden und Ämter der Stadt München, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,
zuerst möchte ich meinen Dank dafür aussprechen, dass Sie den heutigen Abend mit Ihrer Anwesenheit ehren. Der Anlass für unser heutiges Beisammensein ist das fünfundsiebzigste Jubiläum der Serbischen orthodoxen Kirchengemeinde München.
Wie aber sollen wir ein – und besonders dieses – Jubiläum feiern?
Allein das Wort gibt uns den ersten Hinweis – es stammt, wie wir wissen, aus dem biblischen, alttestamentlichen Kontext. Das „Jobeljahr“ fand alle 50 Jahre statt und brachte jeweils den Erlass aller Schulden mit sich: Wer sich verschuldet hatte und in Schuldsklaverei gekommen war, wurde freigelassen, und wer Grund und Boden verkaufen musste, weil er verarmt war, bekam sein Land zurück. Auf diese Weise sollte im Volk die Kluft zwischen arm und reich, Versklavten und Freien, wieder geschlossen werden.
Im Mittelalter bekam dieses Wort auch eine weitere, spirituelle Dimension und bezog sich auf den Erlass der Sünden, die ja die ultimative „Verarmung des Menschen“ beschreiben. Ein Jubeljahr (annus iubilaeus) war ein besonderes Jubiläumsjahr in der römisch-katholischen Kirche, in dem der Papst den Gläubigen bei Erfüllung bestimmter Bedingungen einen vollständigen Ablass („Jubiläumsablass“) gewährte – dieser Ausflug in die Ökumene sei erlaubt.
Von dieser biblischen und kirchengeschichtlichen Perspektive ausgehend verstehe ich den Begriff „Jubiläum“ nicht nur als eine Gelegenheit, mit Stolz eigene Erfolge und glorreiche Momente aus der Geschichte zu feiern, sondern auch als Chance zur Besinnung und für einen neuen Anfang: Die Möglichkeit, in der Gegenwart die schattigen Seiten der Vergangenheit zu beleuchten, die alten Wunden zu heilen, Fehler zu überwinden, sich mit alten Gegnern zu versöhnen. Das Jubiläumsjahr ist also die Zeit, in der jeder von uns sich bemühen soll, alle Hindernisse, die zwischen mir und meinem Nächsten, meinen Schwestern und Brüdern stehen, beiseite zu räumen. Es ist die Zeit, in der wir uns daran erinnern sollen, wie viel wir gemeinsam durchgemacht und aufgebaut haben.
Wenn uns das gelingt, dann tragen wir dazu bei, dass ein „Jobeljahr“ zu einem „Jubeljahr“ wird, eine Zeit des Jubels, in der wir unsere Freude mit Anderem teilen.
Heute Abend feiern und ehren wir die Menschen, die in den vergangenen siebeneinhalb Jahrzehnten ihre Talente, Kreativität, Hoffnung und vor allem ihren Glauben in das Leben dieser Gemeinde eingebracht und eingebettet haben – und in ihr Trost, Stärke und neue Zuversicht bekommen und gegeben haben. Wir blicken zurück und rufen uns die Zeiten des Aufbaus, der Umbrüche und Herausforderungen, aber zugleich auch die Zeiten der Solidarität und Nächstenliebe in Erinnerung.
Die Serbische Orthodoxe Kirchengemeinde München, wie auch die Serbische Orthodoxe Diözese für Düsseldorf und Deutschland, ist eine Kirche in der Diaspora. Noch ein biblischer Begriff, der benutzt wird, um die Komplexität des Lebens in einem anderen Land, in einer anderen Kultur und Tradition zu beschreiben.
Wir sind also eine Gemeinschaft, die in sich die Dialektik zwischen „wir“ und „sie“, „hier“ und „dort“, „Heimat“ und „Fremde“, „Muttersprache“ und „Fremdsprache“ trägt. Oft werden wir als ein „Stück Heimat“ und „die Hüterin der nationalen und kulturellen Identität“ verstanden. Die Serbische Orthodoxe Kirche ist auch das, aber gleichzeitig viel mehr: Sie ist vor allem eine sakramentale Gemeinschaft, Zeugin der geheimnisvollen Begegnung zwischen Gott und Menschen, jener mystischen Erfahrung, die jede räumliche, zeitliche, kulturelle und soziale Grenze überwindet und jedem von uns seine wahre Identität verleiht.
Seit 75 Jahren verstehen wir uns auch als Teil dieser Gesellschaft und Kultur. Viele wichtige historische Ereignisse, Krisen und gute Jahre haben wir in dieser Stadt miterlebt, mitgefeiert, miterlitten und mitgestaltet. Und wir wollen weiter mitwirken und mitverantwortlich sein.
Lasst uns heute Abend gemeinsam feiern und Gott dafür preisen, dass wir hier, in unserem Kirchenzentrum, mit Ihnen schöne Erinnerungen an die Vergangenheit und unsere Hoffnung auf die Zukunft teilen dürfen.
Ich heiße Sie alle herzlich willkommen!
Danke.