КАСЕЛ, НОВОСТИ

Die Predigt von Priester Marko Radmilo am Samstag, dem 29. November 2025

Am Samstag, den 29. November 2025. am Feiertag des Heiligen Apostel und Evangelisten Matthäus, wurde in der Pfarrei Kassel im Tempel des Heiligen Fürsten Lazarus die Göttliche Liturgie auf deutscher Sprache gefeiert. 

Die Heilige Liturgie zelebrierte der Kirchenvorsteher, Vater Marko Radmilo mit vielen Deutsch und Serbisch Orthodoxen Gläubigen, sowie den Katichumenen die sich auf die Orthodoxe Taufe vorbereiten. Nach den Heiligen Evangelium Predigte Vater Marko über das Gelesene Evangelium nach Matthäus (9, 9-13).
 
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen.
 
Geliebte Brüder und Schwestern in Christus,
 
das heutige Evangelium zeigt uns einen der ergreifendsten Augenblicke der Heilsgeschichte: die Berufung des heiligen Apostels und Evangelisten Matthäus. In nur wenigen Worten wird ein göttliches Geheimnis offenbart – das Wirken der Gnade, die Macht des göttlichen Blickes und die unendliche Barmherzigkeit unseres Erlösers.
 
Der Evangelist berichtet schlicht:
„Und Jesus sah einen Menschen namens Matthäus am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach!“
 
Die Kirchenväter sagen, dass Christus zuerst gesehen, dann gerufen und schließlich erhoben hat. Er sieht nicht nur das Äußere – den Zöllner, den Sünder, den gesellschaftlich Verachteten.
Christus sieht das Herz, sieht das Verlangen, sieht die verborgene Sehnsucht nach Wahrheit, die auch unter Schichten von Schuld und Gewohnheit glüht.
 
Der heilige Johannes Chrysostomos erklärt, dass Christus durch sein Sehen bereits „den Blick des Erbarmens“ schenkt.
Gott sieht den Menschen nicht, wie er ist, sondern wie er in der Vergöttlichung werden kann. Das Wort Christi klingt nicht wie ein Befehl, sondern wie ein schöpferischer Akt: Komm in meine Gemeinschaft, komm in mein Leben.
So wie Gott am Anfang sprach: „Es werde Licht“, so spricht Christus zu Matthäus: „Es werde neues Leben in dir.“
 
Jedes göttliche Wort trägt die Kraft, das auszuführen, was es befiehlt.
Das bedeutet: Auch heute spricht Christus in unser Herz – oft leise, oft unerwartet, mitten im Alltag, mitten in unserer eigenen Unordnung.
Doch seine Worte tragen dieselbe schöpferische Gnade wie damals.
 
Matthäus „erhob sich und folgte Ihm“.
Die Kirchenväter sagen: Er erhob sich nicht nur körperlich, sondern auch geistlich.
Er stand auf aus seinem alten Denken, aus seiner alten Identität, aus seiner Bindung an Reichtum und Macht. Dies ist ein Bild für uns alle. Wir mögen nicht am Zoll sitzen, aber wir sitzen oft an Orten innerer Gefangenschaft:
in Gewohnheitssünden, in Selbstverurteilung, in geistlicher Müdigkeit, in Angst, in Stolz oder Bitterkeit.
 
Christus ruft uns nicht, wenn wir stark sind, sondern gerade wenn wir schwach sind.
Er ruft nicht die Reinen, sondern die, die Reinigung brauchen. Die Gnade kommt nicht als Lohn, sondern als Heilmittel.
 
Der Herr erklärt:
„Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ In der orthodoxen Theologie ist dies nicht nur ein Bild, sondern ein Grundpfeiler der Anthropologie: Der Mensch ist nicht primär ein Verbrecher, der verurteilt werden muss, sondern ein Verwundeter, der Heilung braucht.
 
Darum nennt die Kirche Christus immer wieder:
den Arzt der Seelen und Leiber, den Heiler der gebrochenen Herzen, den Balsam der Barmherzigkeit. 
Sünde ist in orthodoxem Verständnis weniger „Rechtsbruch“ als vielmehr Erkrankung der Natur, eine Abwendung vom Leben. Buße bedeutet darum: Verwandlung des Denkens, Rückkehr zum Leben, Wiederherstellung der Beziehung zu Gott.
 
Christus zitiert den Propheten Hosea.
Er richtet diese Worte an jene, die äußerliche Frömmigkeit besitzen, aber nicht das innere Erbarmen.
Die orthodoxe Tradition lehrt:
-Fasten ohne Barmherzigkeit ist leer
-Gebet ohne Liebe zu den Menschen ist kalt.
-Teilnahme an den Sakramenten ohne Demut heilt nicht.
 
Gott verlangt kein religiöses Schauspiel. Er sucht das gebrochene Herz, das offen ist für seine heilende Liebe. Bedeutet für uns: Wir müssen die Menschen nicht zuerst verbessern, bevor wir sie lieben. Wir sollen sie lieben – und dadurch wird Heilung möglich.
 
Heilige Väter wie Basilius der Große, Johannes Chrysostomos und Gregor von Nyssa lehren übereinstimmend:
 
Die Kirche ist kein Gerichtssaal, sondern ein Krankenhaus. Christus ist der Arzt, die Sakramente sind die Medizin, die Gebote sind Therapie, die Heiligen sind geheilte Patienten, die anderen den Weg zeigen.
 
Niemand kommt gesund zur Kirche. Jeder trägt Wunden – sichtbare und verborgene. Und Christus schämt sich nicht, an unseren Tisch zu treten, wie er an den Tisch der Zöllner trat. Er fürchtet sich nicht vor unserer Unvollkommenheit – denn sie ist gerade der Ort, an dem seine Gnade wirken will.
 
Geliebte Brüder und Schwestern,
 
Christus ruft auch uns: „Folge mir nach.“
Dieser Ruf ist immer persönlich, immer konkret, immer voller Barmherzigkeit.
 
Er ruft uns:
-aus der Traurigkeit zur Freude,
-aus der Verwirrung zur Klarheit,
-aus der Sünde zur Heilung,
-aus dem Stolz zur Demut,
-aus dem Selbsthass zur göttlichen Kindschaft,
-aus der Vereinzelung zur Gemeinschaft.
 
Wenn wir diesen Ruf hören – wenn auch nur als leises Flüstern im Herzen – dann dürfen wir wie Matthäus aufstehen. Nicht perfekt, nicht vollkommen – aber bereit.
 
Lasst uns Christus danken, der uns sieht, ruft und heilt. Lasst uns mit einem barmherzigen Herzen leben, das den anderen nicht richtet, sondern trägt. Und lasst uns im Geist des heiligen Matthäus jeden Tag neu sprechen:
 
„Herr, hier bin ich. Nimm mich an und heile mich.“
Dem Herrn Jesus Christus, dem Arzt unserer Seelen, sei Ehre, jetzt und allezeit und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.