Liebe Schwestern und Brüder in Christus,
morgen feiern wir den Feiertag der Erhöhung des kostbaren und lebensschaffenden Kreuzes. Das ist ein Fest, das auch in der katholischen Kirche begangen wird und bereits am 14.09. gefeiert wurde. Es ist ein Fest, das an die der Überlieferung nach wunderbare Auffindung des Kreuzes Christi durch Konstantins Mutter Helena erinnern soll, aber auch an die Weihe der Kirche, die derselbe Kaiser Konstantin am Ort der Kreuzigung und Grablegung Christi bauen ließ.
Das Kreuz ist also schon früh ein wichtiges Symbol, eins das Christen verehren und kostbar nennen. Damals wie heute würden manche spöttisch die Frage stellen, wieso können Christen das Kreuz, das zur Jesu Zeit klar für Tod und Leiden steht, für kostbar und verehrungswürdig halten? Aber Christen können und tun das, erstens, weil sie – also WIR – glauben, dass Gottes Sohn sich zu unserer Errettung am Kreuz opfern ließ, von wo aus Er diese Welt und die Gesamtheit der Schöpfung umarmte; und zweitens, weil das Kreuz bzw. das Kreuzopfer nicht für sich alleinsteht, sondern erst durch das Ereignis der Auferstehung Christi richtig beleuchtet wird, durch den Sieg des Lebens über den Tod. Die Auferstehung Christi verleiht dem Kreuzopfer das Licht, durch das wir das Kreuz Christi als Teil unseres Weges sehen um nach dem Motto: In hoc (signo) vinces = in diesem (Zeichen) siege, nicht leben zu können, sondern nur so leben zu können. Wir nehmen am Kreuz Christi teil, indem wir unser eigenes Kreuz tragen, indem wir Liebe nicht nur für diejenigen haben, die uns lieben und uns guttun, sondern auch für diejenigen, die uns hassen und uns schlechtes tun. Das Leben der Christen ist also untrennbar vom Kreuzopfer, auf das wir vom Standpunkt der Auferstehung, also mit Freude, Hoffnung und Gnade erfüllt, hinblicken.
Unser Glaube ist biblisch, das heißt, er beruht auf den Ereignissen aus der Bibel, sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Testament. Das hören und bekennen wir ganz deutlich im Glaubensbekenntnis, mit den Worten „gemäß den Schriften“. Worte und Begriffe, die unseren Glauben erläutern, sind für uns nicht und dürfen nicht nur irgendwelche ausgefeilte theologische Errungenschaften sein. Nein, sie zeugen vom lebendigen Glauben der frühen Christen, der frühen Kirche, von der Verbundenheit, die die frühe Kirche mit den heiligen Schriften lebte, aber auch von der Selbsterkenntnis der Kirche als zugleich Ikone und Verwirklichung des Reiches Gottes auf Erde. Die Worte, mit welchen wir unseren Glauben bekennen, berühren uns, sie sind lebendig, weil das, was durch sie gesprochen bzw. bekannt wird, mit unserem Leben zu tun hat, weil das unser Leben beeinflusst.
Die Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen, die sich, wie einst die Apostel, um Jesus sammelt, um Brot zu brechen und von seinem Tisch zu kosten. Diese Gemeinschaft ist nicht perfekt, ganz im Gegenteil, sie setzt sich aus Menschen zusammen, die verfehlt und gesündigt haben, die krank sind, aber heilen wollen. Sie ist ein Krankenhaus, in das diejenigen kommen und aufgenommen werden, denen es schlecht geht, die ihre Krankheiten, ihre Schwächen, ihre Verfehlungen erkannt haben und sie ablegen wollen, nicht um sich einfach moralisch zu bessern, sondern das Leben in seiner Fülle bei Gott zu erlangen. Sie ist die Gemeinschaft denjenigen, die zu Gott finden wollen, die auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit hoffen. Und genau das ist die Aufgabe der Kirche als Ikone des Reiches Gottes: sie alle miteinander zu verbinden und in Christus zu vereinen, sie durch Christus zu lieben, wie sie sonst nicht geliebt wurden, und all das ganz abgesehen vom Geschlecht, Herkunft, gesellschaftlichem Status oder anderen Eigenschaften. Durch dieses Miteinander in Christus kosten wir schon jetzt die ewige Gemeinschaft, das ewige Miteinandersein nach dem Vorbild der Heiligen Dreieinigkeit. Hier und jetzt werden wir auf die Ewigkeit vorbereitet. Dies geschieht, und das ist für uns wichtig, nicht aus eigener Kraft, nicht mit Überzeugung eigener Großartigkeit, sondern in Demut, durch und mit Jesus, denn nur Er kann uns heilen, unsere Lasten tragen, uns befreien, neu machen – sich unser erbarmen, wenn wir nach ihm rufen und mit ihm sein wollen. All das ist möglich, so glauben wir, weil Er persönlich, Gottes einziggezeugter Sohn, Mensch wurde, unser Erretter, Herr Jesus Christus.
1700 Jahre nach dem sich die Kirche beim Konzil von Nicäa – beim Ersten ökumenischen Konzil, das vom Kaiser Konstantin einberufen wurde, zum Glaubensbekenntnis geeinigt hat, hat sich vieles verändert. Auch die Kirche in ihrer weltlichen Form hat sich verändert, es gibt viele christlichen Konfessionen, aber eins verbindet uns alle, die an menschgewordenen Gottessohn Jesus Christus und die Heilige Dreieinigkeit glauben, obgleich wir es wissen oder nicht: das Glaubensbekenntnis von Nicäa. Die Worte, die wir auch sprechen und hören, die unseren Glauben zusammenfassen und auf den Punkt bringen, die Auswirkungen auf unser Leben, angenommen wir wollen unser Leben Christus Gott anbefehlen, haben. Worte, welche unsere Glaubenslinien sind oder sein sollen.
Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!